CSRD: Nachhaltigkeitsberichterstattung in der Warteschleife

von Dr. Christoph Schork, Rechtsanwalt und Partner bei HEUKING

Der deutsche Gesetzgeber hätte die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) ((EU) 2022/2464 vom 14. Dezember 2022), (Richtlinie hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen) spätestens bis zum 6. Juli 2024 in deutsches Recht umsetzen müssen. Der Referentenentwurf für ein Umsetzungsgesetz zur CSRD des Bundesjustizministeriums lag zwar im März 2024 vor. Der Regierungsentwurf wurde vom Bundeskabinett aber erst am 24. Juli 2024 beschlossen.

Nach dem Auseinanderbrechen der Ampelkoalition im November 2024 wurde das Gesetz dann nicht mehr wie geplant bis Ende 2024 vom Bundestag verabschiedet. Als Reaktion auf die Fristüberschreitung leitete die Europäische Kommission im September 2024 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland ein.

Aktueller Status quo: Nachhaltigkeitsberichterstattung nach NFRD

Solange die Umsetzung in nationales Recht aussteht, sind deutsche Unternehmen rechtlich nicht verpflichtet, die Vorgaben der CSRD einzuhalten.
Bis zur Umsetzung der CSRD gelten für ESG-Themen die bisherigen, im HGB verankerten, Regelungen der sog. nichtfinanziellen Berichterstattung (NFRD). Demnach sind nur kapitalmarktorientierte Unternehmen sowie große Kreditinstitute und Versicherungen mit durchschnittlich mehr als 500 Arbeitnehmern für das Geschäftsjahr 2024 zur Veröffentlichung einer nichtfinanziellen Berichterstattung verpflichtet. Die Berichte sind dementsprechend (noch) nicht verpflichtend von einem externen Abschlussprüfer zu prüfen.

Gesetzliche Unsicherheiten und die Rolle der „unechten“ Rückwirkung

Zentraler Punkt der aktuellen Debatte ist die sogenannte „unechte“ Rückwirkung eines verspäteten CSRD-Umsetzungsgesetzes. Diese tritt ein, wenn ein Gesetz rückwirkend Lebenssachverhalte betrifft, die noch nicht abgeschlossen sind. Gemeint sind etwa die Geschehnisse des laufenden Geschäftsjahres 2025, sollte das deutsche Umsetzungsgesetz im Laufe diesen Jahres in Kraft treten. Solche Rückwirkungen sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich zulässig, sofern der Gesetzgeber die Interessen der Allgemeinheit an der Umsetzung der CSRD mit dem Vertrauen der Unternehmen auf den Fortbestand der bisherigen Rechtslage abwägt. Ein vom Institut der Wirtschaftsprüfer in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten kommt zu einem ähnlichen Ergebnis. Denn Unternehmen, die seit 2023 von der CSRD und ihren Anforderungen wissen, hatten ausreichend Zeit sich vorzubereiten.

Freiwillige CSRD-Berichterstattung

Unternehmen ist es freigestellt, bereits vor Umsetzung der CSRD freiwillig nach CSRD-Vorgaben zu berichten oder (für große Unternehmen i.S.d. § 267 HGB) erstmals einen Nachhaltigkeitsbericht zu verfassen, um die Standards, die zukünftig gegebenenfalls rückwirkend gelten werden, zu erfüllen. Ein Bericht, der CSRD-Vorgaben vorzeitig erfüllt, verkürzt zeitlich befristete Erleichterungen nicht, wie die Europäische Beratungsgruppe zur Rechnungslegung (EFRAG) in den FAQ vom 6. Dezember 2024 (Frage ID 1090) klarstellt. Die Erleichterungen gelten erst ab dem ersten verpflichtenden Berichtsjahr.

Harmonisierung der Berichtspflichten

Die Europäische Kommission plant eine „Omnibus-Verordnung“, durch die eine Vereinheitlichung und Vereinfachung der verschiedenen Berichtspflichten nach CSRD, CS3D - Corporate Sustainability Due Diligence Directive und EU-Taxonomieverordnung erzielt werden soll. Ein erster Entwurf wird am 26. Februar 2025 erwartet. Grundlegende Verpflichtungen aus den genannten EU-Regulierungen sollen dabei aber nicht aufgegeben werden.

Fazit

In der aktuellen politischen Lage in Deutschland ist mit dem CSRD-Umsetzungsgesetz frühestens in der zweiten Jahreshälfte 2025 zu rechnen. Ungeachtet der Verzögerungen haben sich viele nach der CSRD verpflichtete Unternehmen bereits jetzt strategisch gut aufgestellt und z.B. durch einen CSRD-Probebericht auf die neue Nachhaltigkeitsberichterstattung vorbereitet. Trotz der bestehenden Unsicherheiten lohnt es sich, die Berichterstattung nicht nur als lästige Pflicht, sondern als Chance zur Positionierung am Markt zu betrachten.

Nachhaltigkeitsberichte sind kein vorübergehender Trend, sondern werden ein zentraler Bestandteil moderner Unternehmensführung.

Dr. Christoph Schork, Rechtsanwalt und Partner bei HEUKING
 

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