Vor zwei Tagen fand in Brüssel das so genannte „Hearing on the consultation papers on technical advice and technical standards under the Market Abuse Regulation“ statt, quasi eine Debatte über die „Betriebsanleitung für Marktmissbrauchsregeln“. Das wäre kaum der Rede wert, würden nicht mit der Anfang Juli 2014 verabschiedeten Verordnung für mehrere hundert börsennotierte Gesellschaften demnächst neue Zeiten anbrechen.
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Denn die Market Abuse Regulation der EU – kurz MAR – sieht vor, dass Unternehmen im Freiverkehr künftig deutlich mehr Folgepflichten zu beachten haben als bisher. Aktuell sind Gesellschaften im hiesigen Freiverkehr (Open Market) von Regelungen des WpHG wie der Veröffentlichung von Ad hoc-Mitteilungen, von Directors‘ Dealings (Wertpapiergeschäfte von Führungspersonen) oder dem Führen von Insiderverzeichnissen ausgenommen. Wenn die Vorschriften im Juli 2016 in Kraft treten, haben sich die Erleichterungen für die Emittenten des Freiverkehrs weitgehend erledigt. Was bleibt, ist die Ausnahme von der Pflicht zur Erstellung der Jahresabschlüsse nach IFRS. Darüber hinaus besteht weiterhin keine Verpflichtung zur Veröffentlichung von Halbjahresfinanzberichten, es sei denn das Unternehmen ist in einem Qualitätssegment des Freiverkehrs (Entry Standard, M:access) gelistet.
Dem entgegen steht eine weitere EU-Initiative, die sich paradoxerweise Transparenzrichtlinie nennt, im Kern jedoch die Abschaffung von Quartalsberichten vorsieht. Anders als die oben genannte MAR ist dieser Vorstoß der europäischen Finanzaufsicht jedoch nicht bindend für die nationalen Börsenbetreiber. So steht es der Deutschen Börse offen, ob sie die Pflicht zur Veröffentlichung von Quartalsberichten im höchsten deutschen Transparenz-Level Prime Standard beibehält oder abschafft. Dies wird nach Aussage der Börse „in enger Abstimmung mit den Emittenten derzeit geprüft“. Die Direktive soll bis spätestens November 2015 in nationales Recht umgesetzt werden.
Was sind die Konsequenzen der beiden Initiativen für…
Die Einhaltung der neuen MAR-Regeln ist für die hier vertretenen zumeist kleineren, börsennotierten Gesellschaften mit einem personellen und finanziellen Mehraufwand verbunden (Beurteilung der Ad hoc-Pflicht, Führen der Insiderlisten). Ein positiver Effekt könnte die Erschließung neuer Investorengruppen durch die erhöhte Transparenz sein.
Die neuen MAR-Regeln halten für diese Unternehmen lediglich Änderungen bestehender Vorschriften bereit, so dass der Mehraufwand nach einer gründlichen Einführungsphase überschaubar sein dürfte. Die Abschaffung oder das Abspecken der Quartalsberichte dagegen würde eine erhebliche Erleichterung und Kostenreduzierung für die Prime Standard-Unternehmen darstellen.
Für potentielle Börsenkandidaten werden durch die Verschärfung der Anforderungen im Freiverkehr die Einstiegshürden angehoben, was die ohnehin bestehende Zurückhaltung mittelständischer Unternehmen gegenüber dem Kapitalmarkt verstärken wird. Andererseits würde im Falle einer Abschaffung der Quartalsberichte der Börsengang für jene Unternehmen attraktiver, die bisher durch die vierteljährliche Berichtspflicht abgeschreckt wurden.
Im Ergebnis bleibt festzuhalten:
Fabian Kirchmann, Vorstand der IR.on AG