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Köln, 25. Januar 2023 – Das Jahr 2022 stand am deutschen Markt für KMU-Anleihen wie an den Finanzmärkten insgesamt im Zeichen zahlreicher geopolitischer Krisen, was zu einer geringeren Primärmarktaktivität führte. Die Zahl der Emissionen reduzierte sich im Vergleich zum starken Vorjahr ebenso wie das bei Investoren platzierte Volumen.
Insgesamt wurden 23 KMU-Anleihen (2021: 30 Anleihen) von 19 Unternehmen mit einem Zielvolumen von 806 Mio. Euro begeben, darunter bekannte Marken wie der FC Schalke 04, das Traditionsunternehmen Semper Idem Underberg oder die auf New Food-Konzepte fokussierte Katjes Greenfood. Das platzierte Volumen sank auf 589 Mio. Euro, was einer Platzierungsquote von 73 % entsprach. Der durchschnittliche jährliche Kupon erhöhte sich im Zuge des gestiegenen Zinsniveaus um mehr als einen Prozentpunkt auf 6,77 % (2021: 5,56 %). Aufgrund des schwierigen Marktumfelds stieg zwar der Restrukturierungsbedarf in Form von Anpassungen der Anleihebedingungen wie Laufzeitverlängerungen oder Zinsanpassungen, das Ausfallvolumen sank jedoch von 281 Mio. Euro im Vorjahr auf 148 Mio. Euro im Jahr 2022. Dies ergibt ein von der Investor Relations-Beratung IR.on AG durchgeführter Jahresrückblick zum deutschen KMU-Anleihemarkt.
Frederic Hilke, Senior Berater und Head of IR Consulting der IR.on AG: „Das gestiegene Zinsniveau und die Turbulenzen an den Finanzmärkten haben auch den KMU-Anleihemarkt phasenweise zum Erliegen gebracht. Mit mehr als 20 Emissionen und rund 589 Mio. Euro Finanzierungsvolumen bleibt das Segment jedoch ein wichtiger Finanzierungskanal gerade für mittelständische Unternehmen.“
Energiesektor dominiert Emissionstätigkeit
Die 23 Anleihen der 18 KMU-Anleiheemittenten verteilten sich im vergangenen Jahr auf acht verschiedene Branchen (Vorjahr 14 Branchen). Erstmals seit Beginn der Erhebung im Jahr 2015 dominierte nicht der Immobiliensektor, sondern die Energiebranche den Primärmarkt für KMU-Anleihen. Insgesamt wurden sieben Anleihen von Unternehmen aus diesem Sektor begeben, gefolgt von der Immobilienbranche (fünf Emissionen) und der Chemiebranche mit drei Emissionen.
Bei 14 der 23 Anleiheemissionen handelte es sich um Folgeemissionen, die auch eine deutlich bessere Platzierungsquote (89 %) erzielten als die neun Anleihen von Debütemittenten (55 %). Auch die Börsennotiz wirkte sich positiv auf den Platzierungserfolg aus. Die vier von börsennotierten Unternehmen begebenen Schuldverschreibungen wurden allesamt vollplatziert.
Bei der Platzierungsform bestätigte sich die klare Tendenz zu öffentlichen Angeboten, die mit 83 % (2021: 87 %) den Markt dominierten. Hier spielt das Ziel der Platzierungssicherheit in einem schwierigen Marktumfeld eine Rolle, die durch öffentliche Platzierungen erhöht wird.
Einen deutlichen Rückgang gab es bei den Anleiheausfällen, die sich im Gesamtjahr 2022 auf ein Volumen von 148 Mio. Euro summierten (2021: 281 Mio. Euro).
Betroffen waren Anleihen der Green City Gruppe, der Terragon AG und der Quant.Capital GmbH & Co. KG. Dagegen stieg die Zahl der von Restrukturierungen betroffenen Anleihen (u.a. Laufzeitverlängerungen, Zinsanpassungen) im Zuge der marktseitig eingeschränkten Refinanzierungsmöglichkeiten deutlich auf ein Gesamtvolumen von 690 Mio. Euro (2021: 60 Mio. Euro).
Prognose 2023: Weiter steigende Kupons; Emissionstätigkeit auf Vorjahresniveau
Zum Ausblick für 2023 hat die IR.on AG acht im KMU-Segment aktive Emissionshäuser befragt. Im Durchschnitt erwarten diese für das laufende Jahr 22 Emissionen. Wesentliche Treiber sind Folgeemissionen und anstehende Refinanzierungen – hier wird vor allem in der zweiten Jahreshälfte eine lebhafte Emissionstätigkeit erwartet.
Frederic Hilke: „In der ersten Jahreshälfte bleibt die Emissionsaktivität voraussichtlich noch verhalten aufgrund der bestehenden Unsicherheiten. Mit einer schrittweise sinkenden Inflation und sich stabilisierender Zinsen kommt laut Aussage der befragten Banken in der zweiten Jahreshälfte wieder Schwung in den Markt – insbesondere durch Folgeemissionen etablierter Emittenten.“
In puncto Kuponentwicklung gehen sieben der acht Befragten für 2023 von steigenden Zinssätzen aus – primär aufgrund des allgemein gestiegenen Zinsniveaus und der Forderung höherer Risikoprämien seitens der Investoren.
Neben erhöhter Transparenz und strengeren Covenants erwarten die Emissionshäuser eine weiter wachsende Bedeutung der Umsetzung von ESG-Standards, die für 2023 teilweise als obligatorisch gelten, um über zunehmend gefragte „grüne Finanzierungen“ Mittel aufzunehmen.
IR.score mit 4,0 Punkten leicht verschlechtert im Vergleich zum Vorjahr
Insgesamt weist die Kommunikation der Anleiheemittenten im Jahr 2022 eine solide Transparenz auf, wie die in der Studie untersuchte Investor Relations-Arbeit zeigt. Bei der diesjährigen Überprüfung der IR-Webseiten der 19 Emittenten hinsichtlich grundlegender IR-Informationen betrug der durchschnittliche Transparenzindex „IR.score“ 4,0 Punkte (von max. 5 Punkten) nach 4,3 Punkten im Vorjahr.
Eine Zusammenfassung der Erhebung ist über die Website der IR.on AG unter https://ir-on.com/kmu-anleihen/ erhältlich.
Über die IR.on AG
Die IR.on AG ist eine unabhängige Beratungsgesellschaft für Investor Relations, Finanz- und Nachhaltigkeitskommunikation. Sie begleitet branchenübergreifend Unternehmen aller Größenklassen bei der Entwicklung von Investor Relations-Strategien, im IR-Tagesgeschäft, als IR-Interimsmanager, bei Kapitalmarkttransaktionen und in Spezialsituationen wie Krisen oder Restrukturierungen sowie bei der Pressearbeit mit Finanz- und Wirtschaftsmedien. Darüber hinaus berät sie Unternehmen bei der Entwicklung und Implementierung von ESG-/Nachhaltigkeitsstrategien und der Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten. Das im Jahr 2000 gegründete Unternehmen mit Sitz in Köln und Frankfurt am Main ist inhabergeführt. Die Berater der IR.on AG vereinen Erfahrungen aus über 400 Kommunikationsprojekten, mehr als 300 realisierten Finanz- und Nachhaltigkeitsberichten sowie über 100 Kapitalmarkttransaktionen, darunter 38 KMU-Anleiheemissionen.
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