Krisenkommunikation am Kapitalmarkt – Ein Modell zur vertrauensfördernden Interaktion mit Privatanlegern

Köln, 20. Dezember 2019 – Wer die Geschehnisse um Wirecard, die Bayer-Monsanto-Übernahme und den Diesel-Skandal mitverfolgt hat, weiß, dass Unternehmenskrisen wertvernichtende Ereignisse darstellen können, die massive Folgen am Kapitalmarkt nach sich ziehen. Insbesondere Privataktionäre benötigen in einer zunehmend komplexer werdenden Welt Vertrauen, denn sie besitzen nicht nur weniger Finanz-Knowhow, sondern sind auch die einzigen Akteure am Kapitalmarkt, die ihre persönlichen Ersparnisse aufs Spiel setzen. Für Unternehmen stellt Vertrauen daher eines der wichtigsten kommunikationspolitischen Ziele dar.

In seiner Masterthesis Krisenkommunikation am Kapitalmarkt hat unser neuer Mitarbeiter Martin Grünter sich mit der vertrauensfördernden Wirkung von Investor Relations (IR) beschäftigt. Basierend auf Experteninterviews widmet sich die Qualifizierungsarbeit dem interdisziplinären, bislang wenig erforschten Bereich zwischen IR und Krisenkommunikation.

Für Unternehmen am Kapitalmarkt sind vereinfacht dargestellt zwei Situationen denkbar: Entweder es gibt eine Krise oder es gibt keine Krise. Je nach dem gilt es, Vertrauen präventiv aufzubauen oder zu erhalten. Das auf Basis der Untersuchung entwickelte Modell bietet Handlungsempfehlungen in Form von Strategien, Kanälen & Maßnahmen sowie technischen Aspekten:

Krisenkommunikation am Kapitalmarkt

Allgemein sollte in der Ansprache von Stakeholdern viel Wert auf eine ausführliche, aber auch ehrliche, empathische Kommunikation gelegt werden. Gerade im Umgang mit Privataktionären lohnt es sich, Hintergründe, Strategien und Zukunftspläne genau zu erklären und einzuordnen. In krisenfreien Zeiten kann geschicktes Storytelling dazu beitragen, Emotionen zu triggern und damit die Aufmerksamkeit von Zielgruppen zu gewinnen. Ein sehr wirkungsvolles Präventiv-Instrument ist die Privatanleger-Veranstaltung. Hier werden Themen vertieft, Beziehungen gepflegt sowie Rede und Antwort gestanden.

Während einer Unternehmenskrise sollten die vielfach kontrovers geführten Diskussionen möglichst kanalisiert werden, um nicht an zahlreichen Brandherden gleichzeitig löschen zu müssen. Hierzu eignet sich insbesondere die Website als zentrales Medium der Kommunikation. Social Media kann als aktueller Kanal ergänzend genutzt werden, um auf das Dialog-Angebot aufmerksam zu machen. Wer Lösungswege aufzeigt, demonstriert Kompetenz und kann Vertrauen erhalten. Die Kommunikation in Krisenzeiten bleibt dabei Chef-Sache. Nur wenn das Management aktiv Farbe bekennt und die Missstände eingesteht, bleibt das Unternehmen glaubwürdig.

Technisch gesehen bietet die Einführung von Namensaktien eine effektive Ansprache von Privatanleger. Eine verlässliche Dividendenpolitik, ein angemessenes Vergütungssystem oder der Aktienrückkauf sind Möglichkeiten, kongruent zur Kommunikation zu handeln. Letztlich können Erwartungen aber nur dann richtig gemanagt und damit Vertrauen geschaffen werden, wenn das Unternehmen die Kompetenz besitzt, konstant zuverlässige Prognosen zu liefern.

Es bleibt darauf hinzuweisen, dass Kommunikation trotz aller Chancen kein Allheilmittel ist und niemals besser als das dahinterstehende Unternehmen sein kann. Trotzdem wird vertrauensfördernde Investor Relations mitunter zum Zünglein an der Waage für eine Investitionsentscheidung – und das nicht nur für den privaten Anleger.

Bei Interesse an der wissenschaftlichen Publikation wenden Sie sich gerne an Martin Grünter: Martin.Gruenter(at)ir-on.com